10.7 Netzteil
© M. Zollner 2008
10-195
10.7.5 Die Siebkette
Wie in Abb. 10.7.5 gezeigt, ist der Betriebsspannung eine sägezahnförmige Wechselspannung
(Brummspannung) überlagert, deren Spitze-Spitze-Wert leicht 20 – 40 V erreichen kann. Für
eine Vorstufe ist ein derartig hoher Wechselanteil problematisch, weil er über den Anoden-
Arbeitswiderstand in den Signalfluss eingekoppelt wird. Deshalb muss die Betriebsspannung
in mehreren Tiefpassfiltern geglättet werden. Eine typische Siebkette (Glättungs-Tiefpass)
enthält im Längszweig entsprechend belastbare Widerstände (z.B. 10 k
, 2 W), und im Quer-
zweig spannungsfeste Elektrolytkondensatoren (Elkos), z.B. 50
F. In hochwertigen Netz-
teilen ist der erste Längswiderstand jedoch nicht resistiv, sondern induktiv: Hier wird eine
Siebdrossel
verwendet (z.B.
L
= 3 H), weil ihr Wechselstromwiderstand
Z
wesentlich größer
ist als ihr Gleichstromwiderstand
R
. Bei 100 Hz hat eine 3-H-Drossel
Z
= 1885
, das ist
etwa das Neunzehnfache ihres Kupferwiderstandes (typisch um 100
). Zusammen mit einem
32-
F-Elko ergibt diese Drossel einen 16-Hz-Tiefpass zweiter Ordnung, dessen Dämpfungs-
maß oberhalb der Eckfrequenz mit 12 dB/Oktave ansteigt.
Idealisiert betrachtet. In der Realität muss man vor allem berücksichtigen, dass Netz-Elkos bei
höheren Frequenzen ihre Kapazität zum Teil oder sogar gänzlich verlieren (sie können induk-
tiv werden). Deshalb ist es empfehlenswert, parallel zu den Elkos spannungsfeste Folien-
kondensatoren (10 – 47 nF) zu schalten.
Höhere
Frequenzen in einem mit 50 Hz betriebenen
Netzteil? Durchaus, die Netzgleichrichter arbeiten ja als Schalter, und jeder Schaltvorgang
stellt ein breitbandiges Ereignis dar. Insbesondere Si-Gleichrichter unterbrechen den Strom-
fluss abrupt, wenn die Trafo- unter die Elko-Spannung fällt – die hieraus durch Integration
entstehende Sägezahnspannung enthält auch noch im Kilohertzbereich wesentliche Spektral-
linien. Zusätzliche Störungen kann u.U. die Sperrverzugszeit (reverse Recovery Time) der
Gleichrichter-Dioden verursachen: Es dauert einige
s, bis die Ladungsträger aus der Sperr-
schicht "ausgeräumt" sind, während dieser Zeit entstehen nadelförmige Spitzen im Strom-
verlauf. Bei richtigem Schaltungslayout ist die Störwirkung derartiger Effekte allerdings eher
gering; falls doch Probleme auftreten, können entweder sog. Fast-Recovery-Dioden eingesetzt
werden, und/oder man überbrückt die Dioden mit geeigneten Kondensatoren.
230V
GZ34
3H
32 F
32 F
0.2A
0
10
20
30
40
50
60
10 V
V
ms
0
10
20
30
40
50
60
1 V
ms
Abb. 10.7.7:
Netzteil mit Siebdrossel. Die beiden Diagramme zeigen die beiden Kondensatorspannungen. Im
linken Diagramm ist der Spannungsverlauf am ersten Kondensator dargestellt, im rechten Diagramm am zweiten.
Die oberen Kurven gehören zu einer einwandfreien Gleichrichterröhre, die unteren zu einer minderwertigen.
In
Abb. 10.7.7
sind die Kondensatorspannungen eines mit einer GZ34 betriebenen Netzteils
dargestellt. Die Drossel (3 H) reduziert zusammen mit dem zweiten Kondensator (32
F) die
Welligkeit auf ca. 0.5 V
eff
, allerdings nur bei einer hochwertigen Gleichrichterröhre. Bei der
zum Vergleich gemessenen minderwertigen "selektierten" Röhre arbeiteten die beiden Dioden
sehr unterschiedlich, sodass eine starke 50-Hz-Komponente die Spannung dominierte. Höher-
frequente Störsignale sind bei diesem Beispiel nicht zu erkennen, die hochwertige Röhre
erzeugt (neben der Gleichspannung) einen fast perfekten 100-Hz-Ton, dessen Amplitude in
den folgenden RC-Filtern weiter reduziert werden kann.
I
= d
Q
/d
t
=
C
d
U
/d
t
.