10.5 Endstufe
© M. Zollner 2007
10-79
Nach dieser einführenden, grundsätzlichen Beschreibung des Verhaltens einer Eintakt-
Endstufe nun zu den Details. Bei der in Vorstufen verwendeten
Triode
wurde ein einfaches
Potenzgesetz als Näherung formuliert (Child/Langmuir, Kap. 10.1.3):
(
)
2
/
3
2
2
/
3
2
St
a
gk
a
U
K
U
U
K
I
⋅
=
+
⋅
=
Triodenkennlinien
Der Anodenstrom
I
a
hängt ab von der Gitter/Kathode-Spannung
U
gk
, von der Anodenspan-
nung
U
a
und von der Leerlaufverstärkung
, deren Kehrwert als
Durchgriff
D
bezeichnet
wird:
D
= 1/
. Etwas detaillierter: Die freien Leitungselektronen der Metallkathode sind sehr
beweglich, können im kalten Zustand das Metall aber nicht verlassen. Erhitzen bis zur Rotglut
und spezielle Beschichtung ermöglichen aber, dass ein wesentlicher Teil dieser Elektronen
aus dem Metall austritt und zunächst im Bereich direkt vor der (erhitzten) Kathode eine Art
"Elektronen-Nebel" erzeugt, auch "Raumladungswolke" genannt. Je mehr Elektronen sich vor
der Kathode sammeln, desto negativer wird dieses
Raumladungsgebiet
, und desto effizienter
werden weitere Elektronen daran gehindert, gegen dieses negative Potential anzulaufen – es
stellt sich ein Gleichgewichtszustand ein. Durch eine positiv geladene Anode überlagert sich
aber dem elektronen-bremsenden Raumladungsfeld ein elektronen-beschleunigendes Anoden-
feld, das aus der Raumladungswolke Elektronen absaugt und zur Anode zieht. Hierdurch
nimmt die Raumladung vor der Kathode ab, was wiederum neuen Elektronen den Austritt aus
der Kathode erleichtert. Die aus der Kathode austretenden Elektronen bilden den Kathoden-
strom, die an der Anode ankommenden Elektronen den Anodenstrom. Wird zwischen Katho-
de und Anode ein
Steuergitter
eingefügt (Dreielektrodenröhre = Triode), so erzeugt sein
elektrisches Potential ein zusätzliches Feld, und damit wirken neben dem Raumladungsfeld
zwei
durch Elektroden steuerbare Felder auf die Elektronen, und somit auf den Stromfluss ein:
Das vom Steuergitter erzeugte, und das von der Anode erzeugte. Weil das Steuergitter aber
näher an der Kathode sitzt, hat es den stärkeren Einfluss, die Anode muss erst "durch das
Steuergitter auf die Raumladungen durchgreifen", daher der Name Durchgriff. Bei der ECC83
nennt das Datenblatt für den Durchgriff mit
D
= 0.01 einen ziemlich kleinen Wert. Aber: Die
Anodenspannung ist ja ungefähr hundertmal so groß wie die Gitter/Kathode-Spannung, und
deshalb beeinflusst sowohl
U
a
als auch
U
gk
den Anodenstrom. Praxisorientierte Schaltungs-
technik-Bücher sehen das Gitter als Steuerelektrode, und bezeichnen
U
gk
als Steuerspannung.
Theorieorientierte Grundlagenwerke fassen die Summanden
a
gk
U
D
U
⋅
+
zusammen und
nennen sie ebenfalls
Steuerspannung
– dieser Begriff kann also zwei Bedeutungen haben! In
der o.a. Formel steht
U
St
für die theoretische Steuerspannung, die den Einfluss von Gitter
und
Anode berücksichtigt,
K
2
ist eine röhrenspezifische Konstante.
Dass der Anodenstrom der Triode nicht nur von der Gitter/Kathode-Spannung, sondern auch
von der Anodenspannung abhängt, kann man als problematisch erachten und für Abhilfe sor-
gen: Fügt man zwischen Steuergitter (g
1
) und Anode ein zusätzliches
Schirmgitter
(g
2
) ein
und verbindet dieses mit einer hohen positiven Spannung, werden die Elektronen hauptsäch-
lich vom Steuergitter- und Schirmgitterpotential beschleunigt; das Anodenpotential hat dem-
gegenüber nur noch untergeordnete Bedeutung. Bei der nun entstandenen Vierelektrodenröhre
=
Tetrode
lässt sich die Wirkung aller Elektrodenpotentiale wieder durch eine theoretische
Steuerspannung beschreiben:
a
g
g
St
U
D
D
U
D
U
U
⋅
⋅
+
⋅
+
=
2
1
2
1
1
Steuerspannung der Tetrode
Die Röhrenparameter
D
1
bzw.
D
2
, die beide wesentlich kleiner als 1 sind, können wieder als
Durchgriff interpretiert werden,
D
1
⋅
D
2
zeigt den geringen Einfluss der Anodenspannung.