9.4 Gitarrenkabel
© M. Zollner 2005
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konstanter Verlauf – bei vielen Isolatoren ist sogar ein über der Frequenz ansteigender Ver-
lauf zu finden (vergl. Kap. 9.2, Ton-Kondensator). Diese Messergebnisse sind im deutlichen
Widerspruch zu der o.a. Formel. Wenn man nicht frequenzabhängige Bauteile definieren
möchte, (deren Funktion schwer verständlich ist), bleibt nur die Erweiterung des Ersatzschalt-
bildes auf mehrere Komponenten. Je nach gewünschter Genauigkeit kann ein ziemlich großes
RC-Array erforderlich werden. In
Abb. 9.14
sind ein einfaches und zwei erweiterte Kabel-
Ersatzschaltbilder angegeben.
R
C
Abb. 9.14:
Kabel-Zweipol-Ersatzschaltbilder unterschiedlicher Komplexität (siehe auch Kap. 5.9.2).
Kabelkapazität und Tonabnehmerinduktivität bilden zusammen eine
Resonanz
im Frequenz-
bereich zwischen 2 – 5 kHz. Die Kabelkapazität ist unverzichtbarer Partner dieses Resonanz-
kreises und klangbestimmend. Die Kabelverluste bedämpfen die Resonanz, bei guten Kabeln
allerdings in vernachlässigbarem Umfang. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass als
Kabel-Verlustwiderstand nicht der (sehr hohe) Isolationswiderstand angesetzt werden darf,
sondern stattdessen eine Verlustnachbildung als Funktion der Frequenz erforderlich ist. Da
der Tonabnehmer/Kabel-Schwingkreis bei seiner Resonanzfrequenz am höchstohmigen ist,
wirkt sich hierbei ein parallel-liegender Dämpfungswiderstand am stärksten aus. Mit hoch-
wertigen Kabeln erreicht man im Resonanz-Frequenzbereich Verlustwiderstände > 50 M
Ω
.
Gegenüber anderen Verlusten und insbesondere gegenüber üblichen Gitarren-Potentiometern
(250 k
Ω
)
sind derartige Kabelverluste folglich zu vernachlässigen
. Das heißt nun nicht,
dass bei Kabeln Verluste generell vernachlässigbar sind. Für die Hochfrequenzübertragung
gelten andere Kriterien. Gitarrenkabel arbeiten aber im Hör
frequenzbereich, und da ist bei
hochwertigen Kabeln nur die Kapazität wichtig. Hochwertige Kabel kosten einige Euro pro
Meter, zusammen mit hochwertigen Steckern können 10 – 20 Euro zusammenkommen. Das
ist es dann aber auch – "monströse" Preise sind physikalisch nicht begründbar.
Die
Kabelkapazität
liegt üblicherweise im Bereich um 100 pF/m (
±
30%). Mit normalen
Längen ergeben sich somit
ca. 300 – 600 pF
. Bei langen Kabeln können aber auch Werte bis
1,5 nF vorkommen. Spezielle kapazitätsarme Kabel erreichen ca. 70 pF/m. Für Vergleichs-
messungen stand auch ein 40 Jahre altes Gitarrenkabel ('vintage'
☺
) zur Verfügung. Mit
seinen 4m Länge brachte es beachtliche 1050 pF zustande, mit einem ebenso beachtlichen
Verlustwiderstand von nur 500 k
Ω
. Gegenüber 4
x
70 pF = 280 pF besteht somit ein großer
und deutlich hörbarer Kapazitäts-Unterschied. Auch die Auswirkungen des schon relativ
niederohmigen Verlustwiderstandes können bei hochohmigen Gitarren (gerade noch) hörbar
werden. Dieses 'Vintage'-Kabel ist aber untypisch für eine moderne Produktion.
Neben diesen elementaren elektrischen Parametern sind noch weitere Eigenschaften von Be-
deutung: Abschirmwirkung, mechanische Widerstandsfähigkeit, Flexibilität, Bruchsicherheit,
Biegefestigkeit und
Geräuscharmut
. Es überrascht vielleicht, dass ein Kabel Geräusche er-
zeugen kann. Aber Verbiegen und Dehnen ändert die mechanischen Spannungen im Isolator,
was zu Ladungsverschiebungen führen kann, die sich als Knistergeräusche äußern (tribo-
elektrischer Effekt). Bei guten Kabeln sind diese Effekte allerdings unhörbar.