8.6 Lautstärke und Klangfarbe
© M. Zollner 2004 - 2009
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das erste Verfahren zur Lautstärkeermittlung beliebiger Schalle (Objekte) anhand eines Stan-
dards (des 1-kHz-Tones). Hält man den Pegel des Standards konstant, und verändert den
Pegel des Objektes, also in diesem Beispiel des Rauschens, erhält man die
Ob ektlautstärke
;
verändert man den Pegel des 1-kHz-Tones, erhält man die
Standardlautstärke
. Der zwi-
schen beiden Kurven interpolierte Wert wird in der älteren Literatur
interpolierter Laut-
stärkepegel
genannt (im Bild als graue Linie eingezeichnet). Den Begriff des Lautstärke-
pegels hat man eingeführt, um nicht immer vom "Pegel des gleichlauten 1-kHz-Tones" spre-
chen zu müssen – stattdessen spezifiziert man den
Lautstärkepegel
in der Einheit
Phon
, mit
dem Zahlenwert des Pegels des gleichlauten 1-kHz-Tones. Wenn also Rauschen gleicht laut
empfunden wird wie ein 90-dB-Ton (mit 1 kHz), hat dieses Rauschen einen Lautstärkepegel
von 90 Phon. Damit ist nun die Lautstärkeempfindung quantifizierbar geworden, allerdings
mit schwer interpretierbaren Zahlenwerten: 80 Phon sind ja nicht doppelt so laut wie 40 Phon,
sondern 16 mal so laut. Deshalb wurde ergänzend die in
sone
gemessene
Lautheit
eingeführt:
Als Referenzpunkt wurde der 1-kHz-Ton mit 40 dB Pegel definiert, hierzu gehört die Lautheit
N
= 1 sone. Da 10 dB Pegelerhöhung eine Lautheitsverdopplung bewirkt, gehört zu 50 dB die
Lautheit 2 sone, zu 60 dB 4 sone, zu 70 dB 8 sone usw.. Unter 40 dB gilt dieser Zusammen-
hang nicht mehr, hier bewirken schon kleinere Pegeländerungen eine Lautheitsverdopplung.
Im rechten Bild von Abb. 8.36 ist mit der oberen Linie der Zusammenhang zwischen dem
Pegel des 1-kHz-Tones (Abszisse) und der Lautheit (Ordinate) dargestellt. Nochmals: Nur für
1-kHz-Töne – bei anderer spektraler Zusammensetzung gelten andere Kurven. Voraussetzung
ist auch, dass der 1-kHz-Ton alleine dargeboten wird, d.h. ohne andere Schalle. Spielt man
gleichzeitig andere Schalle ab, kann die Lautheit des 1-kHz-Tones "
gedrosselt
", d.h. verrin-
gert werden. Die untere Linie des rechten Bildes in Abb. 8.36 zeigt so einen Fall: Außer dem
1-kHz-Ton wird gleichzeitig Rosa Rauschen mit einem Terzpegel von 60 dB dargeboten. Hat
der 1-kHz-Ton einen hohen Pegel, z.B. 90 dB, unterscheiden sich die beiden Kurven kaum,
das Rauschen hat wenig Einfluss auf die Lautheit des Tones. Reduziert man aber den Pegel
des Tones, z.B. auf Werte unter 57 dB, wird dieser gänzlich unhörbar, weil vom Rauschen
"verdeckt". Bei Anwesenheit eines Verdeckungsschalles steigt folglich die Lautheit über dem
Pegel stärker an als ohne Verdeckungsschall.
Für die musikalische Aufführungspraxis kann diesen Zusammenhängen entnommen werden,
dass kleinere Änderungen der Schallleistung (z.B. +10%) für die Lautstärkewahrnehmung
unbedeutend sind. Wenn sich die Verstärkerleistung von 40 auf 44 W ändert (und eine pro-
portionale Änderung bei der Schallleistung stattfindet), wird man in der Regel noch keine
Lautstärkeänderung bemerken. Nach gängiger Praxis setzt man als Unterschiedsschwelle bei
der Leistung ca. +50% an. Der Unterschied zwischen einem 40-W- und einem 60-W-Verstär-
ker wird gerade eben bemerkt, eine Leistungsverdopplung ist deutlich wahrnehmbar. Musi-
ker, die vor der Entscheidung stehen, ob sie einen 50-W- oder "doch lieber" einen 60-W-Ver-
stärker kaufen sollen, tun gut daran, besonders auf den Lautsprecher-Wirkungsgrad zu achten.
Denn ein Celestion G-12-H steht beispielsweise mit 100 dB/1m im Datenblatt, ein G-12-M
Greenback jedoch mit 97 dB/1m. Rein rechnerisch muss folglich dem Greenback die doppelte
Verstärkerleistung zugeführt werden, damit er denselben Schallpegel erzeugt wie der G-12-H.
Wie diese Datenblattangaben ermittelt wurden, ist dann schon wieder eine andere Geschichte,
und dass neben der Lautstärke (bzw. der Lautheit) ja auch der Klang eine ganz zentrale Rolle
spielt, ebenfalls. Es würde hier viel zu weit führen, ausführlich alle lautheits- und klang-
bestimmenden Parameter zu erläutern, Interessenten sei Fastls Buch "Psychoacoustics" [12]
empfohlen, das auf 462 Seiten einen umfassenden Überblick über die wichtigsten Grundlagen
und Modelle liefert. Weitere Bücher listet die Literaturübersicht auf.