8. Psychoakustik
© M. Zollner 2004 - 2009
8-4
Der zwischen beiden Werten bestehende kleine Unterschied von 129,74
6
/ 128 = 1,013
6
wird
in der Musik
pythagoreisches Komma
genannt. Aus der Aufeinanderfolge von Quintinter-
vallen und Oktavverschiebungen lassen sich alle Töne der konventionellen abendländischen
Musik erzeugen. Die Frequenzen der im Quintabstand liegenden Töne werden hierzu so oft
um eine Oktave verschoben, bis alle Frequenzen innerhalb einer Basisoktave zu liegen kom-
men. Ausgehend von der willkürlich gewählten Startfrequenz 100 % erhält man hierbei die
folgenden gerundeten (!) Frequenzen (zur leichteren Interpretierbarkeit werden Frequenzen
zunächst in % angegeben; Frequenzangaben in Hz siehe Kap. 8.1.3):
100 – 150 – 225 – 338 – 506 – 759 – 1139 – 1709 – 2563 – 3844 – 5767 – 8650 – 12975
%.
100
150
113
169
127
190
142
107
160
120
180
135
203
%.
C
G
D
A
E
H
Fis
Cis
Gis
Dis
Ais
Eis
His
In dieser Tabelle gibt die erste Zeile die aufsteigenden Quintfrequenzen an, die zweite Zeile
die zugehörigen Frequenzen der Basisoktave, in der dritten Zeile sind die Tonbezeichnungen
angegeben. Beispielsweise muss man 2563 % um vier Oktaven (zu tieferen Frequenzen hin)
verschieben, um 160 % zu erhalten: 2563 / 2
4
= 160. Ordnet man jetzt die Frequenzen der
zweiten Zeile nach monoton aufsteigender Reihenfolge um, so entsteht die Frequenzfolge
einer Tonleiter (Zahlenwerte gerundet):
100 – 107 – 113 – 120 – 127 – 135 – 142 – 150 – 160 – 169 – 180 – 190 – 203
Frequenz / %
C
Cis
D
Dis
E
Eis
Fis
G
Gis
A
Ais
H
His
Tonbezeichnung
Neben der aufsteigenden Quintenfolge lässt sich aber auch eine absteigende Quintenfolge
erzeugen; auch hierbei sind benachbarte Töne quintverwandt. Passend zum obigen Beispiel
müsste hierzu die Startfrequenz 100 % fortgesetzt durch 3/2 geteilt werden: 67 %, 44 %, usw..
Mit geeigneter Oktavverschiebung zu höheren Frequenzen hin entsteht ebenfalls eine Ton-
leiter, deren exakt berechnete Frequenzen aber gegenüber den o.a. leicht abweichen.
Für das klassische
pythagoreische Tonsystem
wurden aber nicht alle oben berechneten Töne
verwendet. Man begnügte sich – ausgehend vom Grundton C – mit 5 aufsteigenden Quinten
(C-G-D-A-E-H) und einer absteigenden Quinte (F), und konnte hiermit eine
Tonleiter
bilden:
1
Q
2
/2
Q
4
/4
Q
-1
⋅
2
Q
Q
3
/2
Q
5
/4
2
C
D
E
F
G
A
H
C'
1\1
8\9
64\81
3\4
2\3
16\27
128\243
1\2
In dieser Tabelle steht Q für das Quintintervall
♣
(Frequenzverhältnis 2\3), der zugehörige Ex-
ponent gibt die Anzahl der Quintsprünge an. Aus dem Nenner kann die Anzahl der zusätzlich
benötigten Oktavverschiebungen entnommen werden. Q
5
/4 bedeutet fünf Quintsprünge zu
höheren Frequenzen, und anschließend 2 Oktaven (2
2
= 4) zu tieferen Frequenzen. Die dritte
Zeile gibt die auf den Grundton bezogene Frequenzrelation als Bruch an. Die Töne der o.a.
Tonleiter und ihre Frequenzrelation (Intervall) zum Grundton bezeichnet man nach ihrer
♣
Bei der
Intervallbezeichnung
sind zur Angabe der Frequenzrelation zwei verschiedene Schreibweisen ge-
bräuchlich, für die Quinte z.B. 2:3, aber auch 3:2. Beide Relationen sind selbsterklärend, während die Buchsta-
benbezeichnung (C-G) nicht eindeutig aussagt, welcher der beiden Töne der tiefere ist. Im Folgenden wird
immer der tiefere Ton als erster (linksstehend) geschrieben, wie bei Achsenskalierungen üblich. Konsequent
weitergedacht entstünden daraus aber Brüche, die kleiner als 1 sind, wie z.B.
f
C1
:
f
G1
= 2:3 = 0,666... Diese an
sich richtige Darstellung steht jedoch im Widerspruch zur Praxis, Intervalle durch Zahlen anzugeben, die größer
als 1 sind. Im Folgenden wird dieser Widerspruch durch den rückwärtsgerichteten Schrägstrich (wie bei Matlab)
beseitigt:
f
C1
\
f
G1
= 2\3 = 1,5.