4.6 Der magnetische Kreis
© M.Zollner 2002
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Die Ermittlung der Elemente der in Abb. 4.16–18 dargestellten Ersatzschaltbilder ist kompli-
ziert und nur angenähert möglich. Für die Durchflutung ist das Produkt aus Koerzitiv-Feld-
stärke und Magnetlänge anzusetzen. Der Innenwiderstand des Magneten ist nichtlinear, er
lässt sich aus der Hysterese berechnen. Der Luftspaltwiderstand ist linear, berechnet sich aber
über ein inhomogenes (ortsabhängiges) Feld. Der Widerstand eines ferromagnetischen Ankers
ist nichtlinear. Eine Lösung ist nur iterativ möglich: Die räumliche Feldverteilung hängt von
den nichtlinearen Widerständen ab, deren Arbeitspunkt ist aber wiederum feldabhängig. Es
muss insbesondere betont werden, dass bei nichtlinearen Elementen das sonst so mächtige
Hilfsmittel der Überlagerung (Superposition) nicht angewandt werden darf.
Hingegen ist der
Kirchhoffsche Maschensatz
anwendbar, der in seiner verallgemeinerten
Form lautet:
In einem unverzweigten Strömungskreis ist die Flussgröße überall gleich groß;
die Summe aller Potentialabfälle ist null
. Auf den Magnetkreis übertragen: In
Abb. 4.19
ist
der magnetische Fluss überall gleich groß; die Summe aus Durchflutung und magnetischen
Spannungsabfällen ist null:
Θ
+
V
M
+
V
L
= 0. Hierbei ist
Θ
die Durchflutung,
V
M
ist der mag-
netische Spannungsabfall im Magneten,
V
L
ist der magnetische Spannungsabfall in Luft. Da-
mit die Summation null ergibt, müssen alle Zählpfeile im Kreis den gleichen Umlaufsinn auf-
weisen. Alternativ hierzu gibt es aber noch weitere Zählpfeilsysteme, da jede der drei Umlauf-
größen wahlweise mit positivem oder negativem Vorzeichen angesetzt werden kann. Die bei
Dauermagneten übliche Messtechnik hat zu einer zunächst ungewohnten Vorzeichenkonven-
tion geführt:
Θ
=
V
L
– V
M
. Die Zählpfeile von
Θ
und
V
M
einerseits und
V
L
andererseits sind
entgegengesetzt, und außerdem werden
Θ
und
V
L
negativ angenommen. Für den Zählpfeil
des Flusses gibt es zwei Möglichkeiten; er wurde so gewählt, dass (ebenfalls ungewöhnlich)
in der Quelle die Zählpfeile von
Θ
und
Φ
in ihrer Richtung übereinstimmen. Am Luftwider-
stand
R
L
sind damit Spannungs- und Flusszählpfeil entgegengesetzt, am Magnetwiderstand
R
M
stimmen die Richtungen überein. Das Hopkinsonsche Gesetz lautet damit:
V
L
=
–
Φ⋅
R
L
,
und
V
M
=
+
Φ⋅
R
M
. Wie gesagt – gewöhnungsbedürftig.
Φ
Θ
R
L
R
M
V
L
V
M
M
L
V
V
-
=
Θ
M
M
R
V
⋅
=
Θ
L
L
R
V
⋅
-
=
Θ
Abb. 4.19:
Hufeisenmagnet ohne Anker, kein Quellstreufluss ( Feldlinienverlauf vereinfacht).
Für den linearen Luftwiderstand kann das Hopkinsonsche Gesetz als Ursprungsgerade dar-
gestellt werden; wegen des (zählpfeilbedingten) Minuszeichens ist bei positivem Fluss der
Spannungsabfall negativ. Der Magnetwiderstand (Quellreluktanz) ist nichtlinear, den
V
M
/
Φ
-
Zusammenhang beschreibt die Hysteresekurve. Da sowohl
R
M
als auch
R
L
von selben Fluss
durchflossen werden, können beide Funktionsgraphen in dasselbe Bild eingezeichnet werden.
(Abb. 4.20)
. Die Summe der Beträge von
V
M
und
V
L
ist
Θ
,
dies ist der Abstand der beiden
senkrechten Linien. Lässt man als Grenzfall den Luftwiderstand gegen null gehen, ergibt sich
die Remanenzflussdichte. Dies wäre der Fall, wenn anstelle von Luft ein hochpermeables
Material als Anker verwendet würde. Lässt man hingegen den Luftwiderstand gegen unend-
lich gehen, wird die Flussdichte null, und man erhält den Koerzitivpunkt. Ein Material mit
= 0 ist allerdings nicht realisierbar, es gibt keinen "magnetischen Isolator".