4.1 Grundlagen der Magnetostatik
© M.Zollner 2002
4-3
Das magnetische Feld ist ein
Vektorfeld
, die beschreibende Feldgröße
H
r
hat einen Betrag
und eine Richtung. Nicht jedes Feld hat Vektorcharakter: Eine räumliche Temperaturvertei-
lung wird beispielsweise durch ein
Skalarfeld
beschrieben, d.h. durch eine Größe, die nur
einen Betrag, aber keine Richtung hat. Die
Richtung
eines Vektors gibt man als Winkelab-
weichung zu einer
Bezugsrichtung
an. In einer zweidimensionalen Darstellung eignen sich
Polarkoordinaten
besonders gut zur Richtungsangabe. Die Richtung eines vom Koordinaten-
ursprung ausgehenden Strahls wird auf die Abszissen
richtung bezogen, wobei Winkelab-
weichungen im Gegenuhrzeigersinn positiv zählen. Ähnlich sind im dreidimensionalen Raum
Kugelkoordinaten definiert. Dass man sich auf den Gegenuhrzeigersinn festgelegt hat, passt
zu anderen Vereinbarungen (kartesische Koordinaten, komplexe
e
-Funktion, Euler), ist aber
letzten Endes willkürlich – man hätte auch im Uhrzeigersinn positiv zählen können. Wenn
aber einmal ein
Richtungssinn
definiert ist, muss er für folgende Betrachtungen beibehalten
werden. Die Richtung eines Magnetfeldes, d.h. die Richtung des Feldstärke-Vektors, ist in
jedem Raumpunkt durch die Tangente an die (durch diesen Punkt verlaufende) Feldlinie
gegeben. Eine Tangente ist aber eine Gerade und kein Strahl, folglich sind auch hierbei zwei
(zueinander um 180° gedrehte) Bezugsrichtungen definierbar.
Der heute für Magnetfelder geltende Richtungssinn ist historisch begründet; er leitet sich von
der Kompassnadel ab. Die
Erde
ist ein riesiger Dauermagnet, der zwischen dem geografi-
schen Nord- und Südpol ein schwaches Magnetfeld erzeugt. Hängt man eine Kompassnadel
(einen kleinen, stabförmigen Dauermagnet) frei beweglich auf, so drehen ihn die Magnetfeld-
kräfte parallel zu den Feldlinien. Der Teil der Kompassnadel, der zum geografischen Nordpol
zeigt, wurde
magnetischer Nordpol
der Kompassnadel genannt, und gleichzeitig wurde will-
kürlich festgelegt, dass aus diesem magnetischen Nordpol die Feldlinien heraustreten. Daraus
ergibt sich aber, dass der geografische Nordpol
§
ein magnetischer Südpol sein muss! Im
Folgenden ist mit Nordpol immer der magnetische Nordpol gemeint. Für die Beziehungen
zwischen Strom- und Magnetfeldrichtung müssen wieder Richtungsvereinbarungen getroffen
werden. In metallischen Leitern bedeutet Stromfluss die Verschiebung freier Elektronen
(elektrischer Strom = Ladungsverschiebung pro Zeit). Die Richtung entgegen
der Elektronen-
bewegung ist die
technische Stromrichtung
(im Verbraucher von Plus nach Minus). In
grafischen Darstellungen definiert man zumeist diese technische Stromrichtung mit einem
Richtungspfeil
. Den Zusammenhang zwischen der o.a. Strom- und Magnetfeldrichtung kann
man sich jederzeit mit der
rechten Hand
veranschaulichen: Hält man den Daumen in die
technische Stromrichtung, dann zeigen
die restlichen (gekrümmten) Finger den zirkularen
Umlaufsinn des Magnetfeldes an.
Die Feldlinien um einen unendlich langen, geraden Leiter sind konzentrische Kreise, deren
Mittelpunkt auf der Leiterachse liegt. Man bezeichnet ein derartiges Feld als
paralleleben
,
weil in allen zueinander parallelen Ebenen dasselbe kreisförmige Feldlinienmuster entsteht.
Seine Berechnung bereitet aufgrund der einfachen Struktur keine Probleme, es hat aber einen
Nachteil: Es existiert nicht in der Realität, weil kein unendlich langer Leiter existiert. Reale
Felder haben wesentlich kompliziertere Strukturen, sie lassen sich nur als (zumeist recht
grobe) Näherung beschreiben. Finitisierungs-Programme, die das Feld in viele kleine Teil-
bereiche aufteilen (finite element modeling, FEM), bieten zwar einen Lösungsansatz, kom-
men aber bei den in und um Tonabnehmern herrschenden Feldern schnell an ihre Grenzen.
Die folgenden Kapitel stellen die grundsätzlichen Zusammenhänge zunächst in idealisierter
Form dar. Auf die für Tonabnehmer geltenden Besonderheiten wird am Ende eingegangen.
§
Zwischen dem geografischen Nordpol und dem magnetischen Südpol der Erde liegen ca. 1400 km. In Mittel-
europa sind die Erdfeldlinien ca. 65° gegenüber der Erdoberfläche geneigt. Flussdichte-Betrag ca. 45
T.